Dezember, 2015

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Bericht von der Vorstandssitzung der Interessengemeinschaft „Umgehungsstraße Bad Schönborn“ am 4.12.2015

Samstag, Dezember 5th, 2015

In der Kreistagssitzung vom 26.11.2015 wurde unter TOP 7 die Entscheidung über die Weiterführung der Planung zur K3575 beraten und entschieden. Wir waren anwesend, um uns ein eigenes Bild von der Stimmungslage machen zu können. Der Ausschuss für Umwelt und Technik hatte am 8.10.2015 in geheimer Sitzung vorberaten. Hier hatte die Kreisverwaltung das Ende der Umgehungsstraße besiegeln wollen (vorgeschlagen wurde „das vorläufige Einstellen der Planung“). Grund waren die vielen offenen Fragen des Regierungspräsidiums als Planfeststellungsbehörde (s.u.) und das hohe Risiko bei einem erwarteten Gerichtsverfahren. CDU und SPD wollten dieses Ende noch nicht wahrhaben und verständigten sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, wenigstens eine Verkehrsprognose unter Berücksichtigung der letzten Erhebungen in den Nachbargemeinden zu fordern. Erst nach dieser Prognose könne man entscheiden wie es weiter gehen solle.

Die IG Umgehungsstraße Bad Schönborn hat seit Jahren auf die veralteten Verkehrsdaten hingewiesen und neue Untersuchungen gefordert. Die geplante Verkehrsprognose wird weiterhin die wichtigste Frage nicht beantworten können: wie viel von dem Verkehr im Ort ist selbstgemacht und lässt sich durch keine Umgehungsstraße reduzieren. Diese Antworten bekommt man nur durch Verkehrsbefragungen an vielen Stellen im Planbereich. Die im Jahr 2016 dafür bereit gestellten Kosten von 3.000 Euro sind also nicht zielführend und dienen nur dem Aufschub der endgültigen Entscheidung. Diese „gerichtsfesten“ Verkehrserhebungen, die das Regierungspräsidium fordert, kämen erst nach den Fledermausgutachten an die Reihe.

Hier noch einmal die harten Kritikpunkte des Regierungspräsidiums, die allen Betroffenen im Kreistag und den Verantwortlichen der umliegenden Gemeinden bekannt sind: Am 20.1.2015 schenkte das Regierungspräsidium (Planfeststellungsbehörde) Vertretern der Gemeinden und Landratsamt reinen Wein ein. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik (AUT) am 26.3.2015 wurden die Kreisräte darüber informiert, dass u.a. aus naturschutzrechtlichen Gründen erhebliche Verzögerungen im Planfeststellungsverfahren zu erwarten sind. Grund hierfür ist ein am 6.11.2013 ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das neue Maßstäbe zur Untersuchungstiefe bei der Beurteilung der Flora-Fauna-Habitat (FFH) -Verträglichkeit in Bezug auf Fledermausvorkommen setzt. Falls geplante Straßen Fledermausflugrouten durchschneiden wird nun verlangt, dass mit verschiedenen wissenschaftlichen Methoden versucht wird, diese Flugrouten zu ermitteln. Das trifft auf die geplante K3575 zu und ist bisher nicht geschehen. Demnach sind neue Erhebungen zur FFH-Verträglichkeit erforderlich. Ohne die vom BVerwG jetzt geforderten Untersuchungen (vor allem Telemetrie) ist eine gerichtsfeste Planfeststellung nicht möglich.

Dieser in den Gremien und gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder hervorgehobene Gesichtspunkt ist allerdings nur einer von mehreren Punkten, die vom Regierungspräsidium als problematisch für das laufende Genehmigungsverfahren eingestuft werden. Das Regierungspräsidium informierte die Entscheidungsträger über die folgenden weiteren kritischen Punkte:

Fragwürdige Finanzierbarkeit

Es stellt sich die Frage nach der Finanzierbarkeit des Projekts (speziell nach den Änderungen der Finanzierungsbeiträge des Landes und der Auflagen durch die Schuldenbremse für Länder ab 2020). Entscheidend für die Planfeststellung sei, ob davon auszugehen ist, dass innerhalb der Geltungsdauer eines Planfeststellungsbeschlusses die erheblichen Kosten aufgebracht werden können (das Land schießt bei Überschreitung der veranschlagten Kosten nichts mehr zu – der Kreis muss dann alles selbst bezahlen). Dazu müsse eine Stellung­nahme des Kreises erfolgen und die Kostenberechnung müsse aktualisiert werden.

Veraltete Verkehrsuntersuchungen

Angesichts der ver­gangenen Zeit sollten neue Erhebungen und eine Fortschreibung auf das Prognosejahr 2030 erfolgen, u. a. weil die letzte Verkehrserhebung aus dem Jahr 2000 zu lange zurück liegt. Die Planrechtfertigung – eine wesentliche Voraussetzung für eine Realisierung – wird als „ohnehin schwierig“ bewertet. Damit wird einer unserer wichtigsten Kritikpunkte kurz und unmissverständlich bestätigt.

Unzureichende Untersuchungen von Alternativen zu den teureren und Flächen verbrauchenden planfreien Kreuzungen

Bemängelt wird, dass Alternativen zu den sehr teuren und viel Fläche verbrauchenden planfreien Kreuzungen nicht in die Tiefe gehend untersucht wurden. Somit könne die Entlastungswirkung von Alternativen nicht hinreichend beurteilt werden. Auch das hatten wir schon immer gerügt.

Technische Planung
Aufgrund des langen Planungszeitraums müsse überprüft werden, ob noch alle Richtlinien bei der geplanten Trasse eingehalten werden. Hierfür wird ein sogenanntes Sicherheitsaudit nahe gelegt.

Immissionen
Bei den Luftschadstoffen müssen die Untersuchungen zur Feinstaubbelastung im Hinblick auf aktuelle Grenzwerte ergänzt und alle Immissionsberechnungen auf das Prognosejahr 2030 fortgeschrieben werden. Der Verzicht auf Lärm­schutz im Bereich der JVA Kislau müsse näher begründet werden.

Baugrunduntersuchung Reimoldsee
Es sei fraglich, ob die geplante Trasse durch den süd­östlichen Teil des Reimoldsees standsicher ist. Ein entsprechendes Gutachten fehlt. Auch dies wurde von uns seit langer Zeit gerügt.
Soweit die Sicht des Regierungspräsidiums vor fast einem Jahr.

Die nun beschlossene Verkehrsprognose bedeutet lediglich nur eine Verschiebung der Entscheidung des Kreistags um mehrere Monate. Dann muss über die Zukunft der K3575-Umgehung insgesamt neu entschieden werden. Wir zitieren aus der Sitzungsvorlage: „Eine Entscheidung über einen vollständigen Neubeginn der Planung ist erst dann zu treffen, wenn die Ergebnisse dieser Prognose vorliegen und definitive Klarheit über eine Förderung des kommunalen Straßenbauvorhabens besteht“.

Die Kosten für die dann nötigen Neuplanungen bezifferte Landrat Schnaudigel auf 3 Mio. Euro. Zum Vergleich: in 2016 sind für die Straßenerhaltung im Kreis 0,5 Mio. Euro vorgesehen.
Zur Förderung des kommunalen Straßenbauvorhabens zitierte der Landrat einen Brief von Staatssekretärin Splett, wonach keinerlei Förderung in den nächsten Jahren für das Vorhaben vorgesehen ist.